Zelluläre Immuntherapien: CAR T-Zellen und BiTEs

Hintergrund der zellulären Immuntherapie

Unter der spezifischen Zelltherapie bei Krebserkrankungen versteht man den Einsatz von speziell hergestellten Abwehrzellen des Immunsystems, die Tumorzellen spezifisch erkennen und zerstören können. Bei der spezifischen Zelltherapie werden entsprechende Abwehrzellen - derzeit überwiegend sogenannte T-Zellen (Abbildung 1) - der Patient*Innen gewonnen und -, außerhalb des Körpers so verändert, dass sie Tumorzellen erkennen können, sowie nachfolgend vermehrt und eingefroren (Abbildung 2). 

 Erkennung von Tumorzellen durch T-Zellen mit Hilfe des T-Zell-Rezeptors (TCR) oder eines chimären Antigen-Rezeptors (CAR)

Abbildung 1: Erkennung von Tumorzellen durch T-Zellen mit Hilfe des T-Zell-Rezeptors (TCR) oder eines chimären Antigen-Rezeptors (CAR)

Die Gewinnung der T-Zellen kann zum einen aus dem peripheren Blut mittels Zell-Apherese, einer besonderen Form der Blutwäsche, und zum anderen aus entnommenem Tumorgewebe selbst erfolgen (Abbildung 2.2 und 2.3). Bei den sogenannten CAR-T-Zellen werden die aus dem peripheren Blut gewonnen T-Zellen der Patient*Innen mit einem spezifischen künstlichen Rezeptor, einem chimären Antigen-Rezeptor (CAR), ausgestattet. Mit dessen Hilfe können CAR-T-Zellen Tumorzellen sehr spezifisch erkennen und zerstören. Basierend auf einem ähnlichen Prinzip können auch T-Zellen mit einem natürlichen T-Zell-Rezeptor (TCR) - nach entsprechender Aufreinigung aus Tumorgewebe und anschließender Vermehrung - zu einer sehr spezifischen Zerstörung von Tumorzellen beitragen. Die Ausstattung der T-Zellen mit den speziell ausgewählten Rezeptoren (CAR oder TCR) erfolgt in der Regel mittels viralem Gentransfer durch spezialisierte Arzneimittelfirmen in sogenannten Zellfabriken (Abbildung 2.4). Die dafür technisch benötigten Virusbestandteile werden vor der Rückgabe weitestgehend entfernt und das Zellprodukt wird bis zur Rückgabe eingefroren. Nachfolgend wird der/die Patient*In mittels einer Chemotherapie für die Rückgabe der aufbereiteten Abwehrzellen vorbereitet und erhält schließlich die autologen T-Zellen mittels einer Transfusion über die Vene zurück (Abbildung 2.5). Im Anschluss an die Transfusion wird der/die Patient*In zunächst stationär engmaschig im Hinblick auf das Auftreten von Nebenwirkungen überwacht und gegebenenfalls bei Auftreten von Nebenwirkungen behandelt (Abbildung 2.6). Auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wird in Zusammenarbeit mit den behandelnden Onkolog*Innen und Hausärzt*Innen eine engmaschige Betreuung des/der Patient*In sichergestellt (Abbildung 2.7).

 Vorgehen bei der spezifischen Zelltherapie


Abbildung 2: Vorgehen bei der spezifischen Zelltherapie

Patienten*Innen

Liebe Patientin, lieber Patient,
mit einer Überweisung an die Medizinische Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des Universitätsklinikums rechts der Isar der TU München erhalten Sie die beste Aussicht auf Heilung Ihrer Erkrankung. Die Therapiemöglichkeiten unseres Hauses sind herausragend und umfassen neben der langjährig etablierten allogenen und autologen Stammzelltransplantation auch neuartige spezifische Zelltherapien, darunter auch die CAR T-Zell-Therapie. Als Klinik der Maximalversorgung bieten wir alle Voraussetzungen zur sicheren Durchführung und optimalen Versorgung unserer Patient*Innen vor, während und nach einer CAR-T-Zell-Therapie auf der Basis von definierten Vorgaben sowie neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Unser gesamtes Team der zellulären Immuntherapie arbeitet gemeinsam dafür, Ihnen auf dem Weg der Therapie jegliche denkbare Art der Unterstützung zukommen zu lassen mit dem Ziel, dass Sie nach erfolgreicher Behandlung schnellstmöglich in Ihr normales Leben zurückfinden.

Wir freuen uns auf ein persönliches Gespräch mit Ihnen und laden Sie ganz herzlich dazu ein, sich jederzeit bei Fragen an uns zu wenden.

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CAR T-Zellen

CAR T-Zell-Therapie: Immunzellen gegen Krebs

Die sogenannte CAR T-Zell-Therapie (Chimäre Antigen-Rezeptor-T-Zellen) gilt als Durchbruch in der Krebsmedizin und hat sich als hochinnovative Behandlungsmethode bei bestimmten Arten von Blutkrebs etabliert. Bei dieser Therapie werden körpereigene Abwehrzellen, die sogenannten T-Zellen, über ein gentechnisches Verfahren mit einem chimären Antigen-Rezeptor (CAR) ausgestattet. Dieser erkennt spezifisch bestimmte Oberflächenmoleküle (so genannte Antigene) auf den Tumorzellen, wodurch die Abwehrzellen aktiviert werden und den Tumor bekämpfen. Das Abwehrsystem des Patienten wird somit gentechnisch für den Kampf gegen den Krebs gerüstet.


Welche Erkrankungen eignen sich für eine CAR T-Zell-Therapie?
Die Medizinische Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des Universitätsklinikums rechts der Isar der TUM ist zertifiziertes Zentrum für alle aktuell verfügbaren CAR-T-Zellpräparate. Aktuell sind verschiedene CAR T-Zell-Produkte in unterschiedlichen Behandlungslinien für die Behandlung folgender hämatologischer Erkrankungen zugelassen (Stand: Dezember 2023):

  • Diffus großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL bzw. HGBCL): bei primär refraktärer oder frührezidivierter Erkrankung: bereits nach Versagen von einer vorherigen Chemoimmuntherapie
    • bzw. rezidiviert oder refraktär nach zwei oder mehr Systemtherapien
  • Multiples Myelom:
    • rezidiviert oder refraktär nach drei oder mehr vorherigen Therapien
  • B-Vorläufer-ALL:
    • bis 25 Jahre: refraktär oder rezidiviert (Rezidiv nach allogener SZT oder zweites oder späteres Rezidiv)
    • ab 26 Jahre: refraktär oder rezidiviert
  • Mantelzell-Lymphom (MCL)
    • rezidiviert oder refraktär nach zwei oder mehr Systemtherapien
  • Primär mediastinales großzelliges B-Zell-Lymphom (PMBCL)
    • bei primär refraktärer oder frührezidivierter Erkrankung: bereits nach Versagen von einer vorherigen Chemoimmuntherapie
    • bzw. rezidiviert oder refraktär nach zwei oder mehr Systemtherapien
  • Follikuläres Lymphom Grad 3B (FL3B)
    • bei primär refraktärer oder frührezidivierter Erkrankung: bereits nach Versagen von einer vorherigen Chemoimmuntherapie
    • bzw. Follikuläres Lymphom (FL) rezidiviert oder refraktär nach zwei oder mehr Systemtherapien

Welche CAR T-Zell-Produkte sind aktuell verfügbar?
Zur Verfügung stehen je nach Entität und Behandlungslinie die folgenden CAR-T-Zell-Produkte (Stand Dezember 2023):


Für die CD19-gerichtete CAR T-Zell-Therapie:

  • Tisagenlecleucel (Kymriah®)
  • Axicabtagen Ciloleucel (Yescarta®)
  • Brexucabtagen Autoleucel (Tecartus®)
  • Lisocabtagene Maraleucel (Breyanzi®)

Für die BCMA-gerichtete CAR-T-Zell-Therapie:

  • Idecabtagen vicleucel (Abecma®)
  • Ciltacabtagen autoleucel (Carvykti®)

Komme ich für eine CAR T-Zell-Therapie in Frage?
Wenn Sie sich informieren möchten, ob diese Therapieform für Sie in Frage kommt bzw. ob wir Ihnen möglicherweise eine neuartige Zelltherapie im Rahmen einer klinischen Studie anbieten können, kontaktieren Sie uns(link sends e-mail) jederzeit gerne.

Schritt für Schritt: Zeitlicher Ablauf einer CAR T-Zell-Therapie
Die Behandlung an unserem Zentrum erfolgt in der Regel in mehreren Etappen, die mit der ambulanten Vorbereitungsphase mit einem gemeinsamen Kennenlernen und der Planung der für Sie in Frage kommenden Therapie beginnt. Im Rahmen dieses ersten Aufklärungsgesprächs ist eine Vertrauensperson als Unterstützung jederzeit willkommen. Zur Terminvereinbarung sind wir jederzeit unter den hier aufgeführten Kontaktmöglichkeiten entweder per Email oder telefonisch für Sie erreichbar. Nach Festlegung der Behandlungsmethode sowie Ausschluss von etwaigen Kontraindikationen folgt der nächste wichtige Meilenstein: die Gewinnung der Immunzellen mittels Lymphozyten-Apherese zur gentechnischen Veränderung für eine CAR T-Zell-Therapie.


Gewinnung der Immunzellen für eine CAR T-Zell-Therapie
Die Gewinnung der notwendigen Zellen – der sogenannten T-Lymphozyten – ist Ausgangspunkt der CAR T-Zell-Therapie. Hierzu werden diese zunächst nach Vorbereitung und unter Aufsicht des sehr erfahrenen Apherese-Teams unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Hildebrandt aus dem peripheren Blut der Patient*Innen gewonnen, was im Rahmen einer Lymphozyten-Apherese mittels Eigenblutspende erfolgt [Link Apherese-Seite]. Bei dieser wird Blut entnommen und durch eine Zentrifugation ein Teil der T-Zellen von den restlichen Blutbestandteilen abgetrennt und gesammelt. Der Rest des Blutes wird den Patient*Innen wieder zurückgeführt. Je nach Grunderkrankung kann hierfür ein kurzer stationärer Aufenthalt als auch eine Überbrückungs-Chemoimmuntherapie nach der Zellsammlung und während der Herstellung des Zellprodukts erforderlich werden.
Nach erfolgreicher Apherese werden die gewonnen T-Zellen in einem Labor nach einem standardisierten Verfahren gentechnisch mithilfe von Viruspartikeln verändert, sodass sie nachfolgend den CAR, also den sogenannten Antigen-Rezeptor, stabil auf der Zelloberfläche präsentieren. Nach Expansion der veränderten T-Zellen und mehreren Qualitätsuntersuchungen (Dauer: ca. 3-6 Wochen je nach Produkt) kann schließlich die Verabreichung des CAR T-Zell-Produkts geplant werden.


Stationäre Aufnahme zur CAR T-Zell-Therapie
Mit der stationären Aufnahme innerhalb der Medizinischen Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des Universitätsklinikums rechts der Isar der TUM beginnt schließlich der ganz entscheidende Teil Ihrer Behandlung in unserem Haus. In den Tagen vor der geplanten Re-Infusion des CAR T-Zell-Produkts wird eine Lymphozyten-depletierende Chemotherapie verabreicht, um ein bestmögliches Umfeld für die Wirkung der CAR T-Zellen zu schaffen. Die Infusion des CAR T-Zell-Produkts erfolgt unter ganz besonderen Vorsichtsmaßnahmen. Nach der Rückgabe der Zellen ist insbesondere in den ersten Tagen eine engmaschige Überwachung erforderlich, um mögliche Nebenwirkungen wie das Zytokin-Freisetzungssyndrom oder das Immuneffektorzell assoziierte Neurotoxizitäts-Syndrom rasch zu erkennen und zu behandeln. Nachfolgend erfolgt eine strukturierte Nachsorge über unsere Spezialambulanz.


BiTEs


Prinzip BiTEs

Als eine abgewandelte Form von Antikörpern stellen die bispezifischen T-Zell-Antikörper (engl. Bispecific T cell engager, BiTE) eine vielversprechende Möglichkeit dar, die körpereigenen Abwehrzellen zu den Tumorzellen zu lotsen. Dabei binden BiTEs sowohl an ein Oberflächenmolekül der Tumorzelle als auch an eine Immunzelle und bringt diese damit in enge räumliche Nähe. Dies führt dazu, dass die Abwehrzellen auf die Tumorzellen reagieren und diese eliminieren.

Welche Erkrankungen können mit BiTEs behandelt werden?
Das Spektrum an Antigenen, welche von neu entwickelten BiTEs angegriffen werden können, erweitert sich kontinuierlich. Aktuell sind verschiedene zugelassene Präparate für Lymphomerkrankungen, die B-ALL und das Multiple Myelom verfügbar. Wenn Sie wissen möchten, ob diese Behandlungsoption für Sie in Frage kommt, kontaktieren Sie jederzeit gerne unser Zentrum kontaktieren.




Team

Bei der Behandlung werden die Patient*Innen von einem erfahrenen Team (E-Mail)(link sends e-mail) der spezifischen Zelltherapie versorgt:

   

Dr. med.

Judith S. Hecker

Leitung Zelluläre Immuntherapie/ CAR-T-Zell-Therapie

E-Mail(link sends e-mail)


 
   

Prof. Dr. med.

Martin Hildebrandt

Stellv. Leitung Zelluläre Immuntherapie/ CAR-T-Zell-Therapie

E-Mail(link sends e-mail)


 
   

Eva Bräunlein, PhD

Assistenzärztin

E-Mail(link sends e-mail)

Anna Purcarea

Assistenzärztin

E-Mail(link sends e-mail)

   

Dr. 

Kim Muñoz Alvarez

Koordination

E-Mail(link sends e-mail)



 

Studien im Bereich der zellulären Immuntherapie

Neben den zugelassenen Therapien bieten wir für verschiedene Erkrankungen bei nicht-Ansprechen auf die Standardbehandlung oder bei großer Aussicht auf eine überlegene Alternativtherapie die Behandlung im Rahmen klinischer Studien an. 


Auswahl relevanter Studien mit immuntherapeutischem Fokus: 
IMA401-101 (Phase 1): Anwendung eines BiTE gegen MAGEA4/8 und CD3 bei fortgeschrittenen oder metastasierten soliden Tumoren
Iovance (IOV-COM-202, NCT03645928, Phase 2): Anwendung von expandierten tumor-infiltrierenden Lymphozyten bei Patienten mit fortgeschrittenen Lungenkarzinom und malignen Melanom
CC-93269-MM-001 (Phase 1): Anwendung eines BiTE gegen BCMA und CD3 bei rezidivierten, refraktären Multiplen Myelom
MagnetisMM-5 (Phase 3): randomisierte Anwendung des BiTE Elranatamab (BCMAxCD3) (+/-Daratumumab) bei rezidivierten, refraktären Multiplen Myelom nach mindesten zwei Vortherapien
MagnetisMM-7 (Phase 3): randomisierte Anwendung des BiTE Elranatamab (BCMAxCD3) (vs. Lenalidomid) bei Multiplen Myelom und minimaler Resterkrankung nach autologer Stammzelltransplantation
GEM3PSCA (Phase 1, NCT03927573): Anwendung eines BiTE gegen PSCA und CD3 bei PSCA-positiven Tumoren nach zwei Therapielinien (NSCLC, Harnblasenkarzinom, Mammakarzinom, Gonadale Tumore, Prostatakarzinom, Nierenzellkarzinom und Pankreaskarzinom)
Eine vollständige Übersicht aller über die Medizinische Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III rekrutierenden Studien finden Sie unter https://www.mri.tum.de/studienzentrum.


Termin­vereinbarung

Montag - Donnerstag    8.00 - 16.00 Uhr
Freitag                           8.00 - 14.30 Uhr

Tel: 089/ 4140 - 4107

      089/ 4140 - 4105

Fax: 089/ 4140 - 6229

     zellulaere.immuntherapie@mri.tum.de(link sends e-mail)