Myeloproliferative
Neoplasien, Chronisch Myeloische Leukämie
Modernste Diagnostik und individualisierte Therapie
nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen
Myeloproliferative Erkrankungen (MPN) sind gekennzeichnet durch die Entartung und Vermehrung von Blutzellen im Knochenmark. Während bei akuten Leukämien vorwiegend unreife Leukämiezellen auftreten, sind hier vor allem reife Zellelemente der Granulopoese (weiße Blutkörperchen), Erythropoese (rote Blutkörperchen) und Thrombopoese (Blutplättchen) betroffen. Zur Gruppe der Myeloproliferativen Neoplasien (MPN) zählen klassischerweise die Chronische myeloische Leukämie (CML), Polycythaemia vera (PV), idiopathische Myelofibrose (IMF) sowie die essentielle Thrombozythämie (ET). Im weiteren Sinne gehören auch die systemische Mastozytose (SME) und die chronische Eosinophilenleukämie (CEL) dazu.
Die entscheidenden Fortschritte in der Therapie Myeloproliferativer Erkrankungen sind durch das Verstehen ihrer Entstehung auf molekularer Ebene möglich geworden. Für alle Erkrankungen dieser Gruppe konnten in den letzten zwei Jahrzehnten charakteristische Genveränderungen identifiziert werden. Diese sogenannten Mutationen verursachen eine dauerhafte Aktivierung von bestimmten Eiweißen, welche normalerweise einen nur kurzzeitigen Wachstumsreiz vermitteln. Das am besten untersuchte Beispiel ist das Bcr-Abl Protein: Als Folge einer spezifischen Gen-Umlagerung (Philadelphia-Translokation) stellt es in 95% der Fälle die auslösende Ursache für die CML dar.
Auch bei den anderen myeloproliferativen Erkrankungen finden sich in einem Großteil der Fälle charakteristische Genveränderungen, die zur dauerhaft gesteigerten Signalübermittlung in der Zelle führen und somit einen permanenten Wachstumsreiz „vorgaukeln“. Auf Grund dieser neuen Erkenntnisse wurden molekulare Befunde in die Diagnosekriterien myeloproliferativer Erkrankungen in der aktuellen Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgenommen.
Die Identifikation der molekularen Prozesse ermöglichte die Entwicklung von Medikamenten, welche spezifisch die jeweils krankheitsauslösende Eiweiße (Kinasen) hemmen können. Solche Medikamente sind zugelassen zur Therapie der CML, stehen aber beispielsweise auch zur Therapie der FIP1L1-PDGFRalpha-positiven CEL oder – innerhalb klinischer Studien – der Jak2-mutierten myeloproliferativen Syndrome zur Verfügung. Bei einer PV oder ET sind jedoch etablierte Verfahren wie Aderlass oder eine milde Chemotherapie in Tablettenform unverändert die Standardtherapie der Wahl. Daneben wird in ausgewählten Fällen die allogene Stammzelltransplantation eingesetzt.
Mit den heute zur Verfügung stehenden Medikamenten lässt sich die dauerhaft aktivierte Kinase Bcr-Abl spezifisch hemmen. So führt eine Dauertherapie mit dem Abl Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib (Glivec) bei den meisten Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie (CML) in chronischer Phase (CP) zu einer ausgezeichneten, lang anhaltenden Rückbildung der Erkrankung, mit einer geringen Rate an Nebenwirkungen. Sie repräsentiert daher derzeit den Standard in der Initialbehandlung der CML-CP.
Obwohl eine zytogenetische und molekulare Remission eine niedrige Krankheitslast widerspiegelt, kann noch nicht von einer Heilung gesprochen werden. Daher sollte das Monitoring der CML in chronischer Phase – neben Blutbildkontrollen – auch regelmäßige zytogenetische und molekulare Untersuchungen behinhalten und die Therapie mit Imatinib fortgesetzt werden.
Bei fortgeschrittener CML in der akzelerierten Phase (AP) oder Blastenkrise (BC) sind Remissionen unter Imatinib nur von kurzer Dauer. Die hier beobachtete Resistenz gegenüber Imatinib wird häufig durch Mutationen der BCR-ABL Kinasedomäne verursacht. Abl Kinaseinhibitoren der zweiten Generation wie Dasatinib (Sprycel) oder Nilotinib (Tasigna) zeigen einen unterschiedlichen Bindungsmodus an die Bcr-Abl Kinasedomäne und sind in der Lage, häufig beobachtete Imatinib Resistenzmutationen zu durchbrechen. Klinische Studien zeigen eine gute Wirksamkeit dieser neuen Substanzen. Weitere Abl Kinaseinhibitoren befinden sich derzeit in präklinischer und klinischer Entwicklung.
Für Patienten mit einer Resistenz gegenüber Imatinib sollte in einem Zentrum die optimale Therapiestrategie festgelegt werden. Sie hängt ab vom Alter des Patienten, der Krankheitsphase, der Spendersituation und dem individuellen Resistenzmechanismus. Im Falle einer akzelerierten Phase oder Blastenkrise ist es wichtig, das kurze Zeitfenster einer Remission zu nutzen, um in einem Zentrum die Möglichkeit einer allogenen Stammzelltransplantation zu prüfen. Bei primärer und sekundärer Resistenz sollte eine Mutationsanalyse des Bcr-Abl Gens durchgeführt werden. Bei einer T315I Mutation sind Nilotinib und Dasatinib unwirksam. Kinaseinhibitoren mit Wirksamkeit gegenüber T315I sind derzeit im Rahmen klinischer Studien verfügbar. Mehr Informationen zu den Studien finden Sie hier.
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